fanofall: Fliegen mit SID und STAR

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fanofall
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fanofall: Fliegen mit SID und STAR

Beitrag von fanofall »

SID (Standard Instrument Departure) und STAR (Standard Terminal Arrival Route) sind ein an allen größeren Flughäfen standarisiertes Verfahren, welches die sichere Koordinierung im umliegenden Luftraum von An- und Abflügen ermöglicht.

SID und STAR sind durch die Absprache von Behörden, Flughäfen und Flugsicherung festgelegte Routen, die vom beziehungsweise zum Flughafen führen. Der Verlauf dieser Routen ist vom Flughafenumfeld abhängig, im Mittelpunkt stehen Lärmschutz der Anwohner und Sicherheit. So soll der Überflug von gefährlichen Anlagen, wie zum Beispiel Kraftwerke, Hindernissen, höher gelegenem Terrain und manchen Ortschaften vermieden werden.

Ein großer Vorteil ist, dass die An- und Abflugkontrolle nur mit Nennung des Namens einer SID oder STAR, klare Routen definieren kann, ohne weiter ins Detail gehen zu müssen.
Standard Instrument Departures und Standard Terminal Arrival Routes werden durch die Navigationshilfen VHF Omnidirectional Radios (VORs), Non-Directional Beacons (NDBs) und Distance Measuring Equipments (DMEs), sowie durch die Hilfe geographische Koordinaten definiert.
Durch das Standard Instrument Departure, auch unter dem Namen Departure Procedure (DP) bekannt, wird ein Flugzeug vom Startflughafen bis zum ersten Waypoint in der geplanten Route geleitet. Eine Umgekehrte Funktion hat die Standard Terminal Arrival Route, (weniger geläufig, dennoch genutzt: Arrival Procedure) sie führt einen Flieger vom letzten Punkt der Route bis zum Glideslope.

Betrachten wir im ersten Schritt einmal den theoretischen Aufbau eines Standard Instrument Departures genauer, sowie die entsprechende Arbeit die im Cockpit von den Piloten auszuführen ist. Wir gehen davon aus, dass der Verlauf der geplanten Route in das Flight Management System einprogrammiert wurde und alle relevanten Wetterdaten präsent sind. Durch die Wetterinformationen wurde die für den Abflug aktive Startbahn übermittelt. Im Cockpit ist es nun an der Zeit, die IFR-Freigabe zu empfangen. Mit ihr werden ein für den Flug individuell ausgewählter Squawk und die derzeit geltende und für den Flugverlauf passende SID an die Piloten weitergegeben.

Nach dem alle weiteren Startvorbereitungen komplettiert wurden und die Maschine „Ready for Take Off“ ist beginnt nun der Abflug der SID. Auch dabei gibt es viele Dinge zu beachten: Zwischen zwei Streckenabschnitten der SID gibt es in der Regel vorgeschriebene Geschwindigkeiten und Mindesthöhen. Jeder Pilot ist verpflichtet diese einzuhalten, sie können einer Chart entnommen werden. Nach dem Start darf der Flug in keinem Fall bis zur Reiseflughöhe fortgeführt werden. Entlang der SID darf die „Initial Climb Altitude“ nicht ohne Freigabe eines Lotsen überflogen werden. Dann jedoch kann der Steigflug ohne weiter Einschränkungen bis zum „Top of Climb“ fortgesetzt werden. Die einzige Ausnahme sind dabei die 250 Knoten Höchstgeschwindigkeit und 10.000 Fuß.

Bei Standard Instrument Departures unterscheidet man „Pilot-Nav SIDs“ und „Vector SIDs“. Bei der Pilot-Nav SID sind die Piloten eigenverantwortlich für die Navigation entlang der SID. Diese wird oft an Flughäfen mit kleinerem Verkehrsaufkommen und flachem Terrain verwendet. Auf Flüge in einem Vector SID wiederrum nimmt die Flugsicherung größeren Einfluss, welche an Flughäfen mit viel beflogenem Luftraum eingesetzt sind. Dabei spielt der Mindestabstand zwischen zwei Flugzeugen eine wichtige Rolle.
Kommen wir nun auf den Aufbau der Standard Terminal Arrival Route zu sprechen, welche im Normalfall vom letzten Wegpunkt der programmierten Route, der oft gleichzeitig der „Top of Descend“ ist, bis zum Initial Approach Fix (IAF) führt. Warteschleifen werden bei Bedarf um den IAF geflogen. Vom Initial Approach Fix wird weiter zum Intermediate Fix (IF) geflogen. Der nächste Streckenabschnitt, der sich Intermediate Approach nennt, leitet die Flugzeuge zum Final Approach Fix (FAF), wo der Final Approach beginnt. Bei mehreren großen Flughäfen in unmittelbarer Nähe, kann es vorkommen, dass ein Großteil der Standard Terminal Arrival Route den selben Verlauft hat, so zum Beispiel in. Genauso wie bei den Standard Instrument Departures gibt es entlang Standard Terminal Arrival Route verschiedenste Mindesthöhen, Maximalgeschwindigkeiten sowie Pflichtmeldepunkte der Flugsicherung.

Wer sich schon einmal mit SID und STAR näher beschäftigt hat, weiß, dass die Namensgebung auf den ersten Blick doch sehr willkürlich gewählt wirkt. Einige Beispiele: MOTIX1A in Wien Schwechat, ANEKI6F in Frankfurt am Main oder WOODY2W in Amsterdam Schiphol. Jedoch steckt ein festgelegtes Schema dahinter, welches sich aus drei Teilen zusammensetzt. Der erste Teil des Namens ist der letzte Punkt einer SID oder der erste einer STAR, welcher VOR, NDB oder ein Waypoint sein kann. Im zweiten Teil wird die Versionsnummer der SID oder STAR genannt. Für jede Veränderung an ihnen wird die Versionsnummer um +1 erhöht, sie bleibt jedoch immer einstellig. Wenn Versionsnummer 9 erreicht ist, geht es wieder bei der 1 los. Der dritte und letzte Teil des Namens ist optional. Durch einen Buchstaben wird auf wichtige Details hingewiesen. So kommt der optionale Teil oft an Flughäfen mit parallel verlaufenden Start-und Landebahnen zum Einsatz. Dabei wird Auskunft gegeben, ob die linke oder rechte Bahn gemeint ist.

In den USA verläuft Namensgebung von SID und STAR nicht immer nach dem oben genannten Schema. So kann es sein, dass eine SID oder STAR nach ihren charakteristischen Merkmalen benannt werden. Ein nettes Beispiel dafür ist das Standard Instrument Departure LOOP4 am Flughafen von Los Angeles. Flugzeuge, die in Richtung Westen starten und dessen Zielflughafen in östliche Richtung liegt, müssen kurz über dem Ozean eine 180 Grad Kurve drehen. In anderen Worten wird also ein „loop“ geflogen, zu Deutsch: Kringel, Schlaufe.
Im Microsoft Flight Simualtor ist das Fliegen mit SID und STAR in den default Fliegern nicht möglich. Dafür bedarf es Addon Flugzeugen, die über eine bessere Systemtiefe, sowie ein Flight Management System (FMC) beziehungsweise Multifunctional Control and Display Unit (MCDU) verfügen. Probiert man jedoch nun mit Hilfe des im Simulator vorhandenen Flugfunkes eine SID oder STAR abzufliegen, so wird man sich auch daran die Nase stoßen. Ist einem daran gelegen, so empfiehlt es sich nicht im Offlinemodus zu fliegen, sonder auf Onlinenetzwerke, wie VATSIM oder IVAO umzusteigen. Dort ist Fliegen mit SID und STAR kein Problem.

Anmerkung: Dieser Text wurde in der FlightXPress Ausgabe Oktober 2009 unter dem Titel "Fliegen mit SID & STAR" abgedruckt. Der Urheber des Text und der User dieses Accounts ist die selbe Person.
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